Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau: Das Chancenkonto würde allen helfen

Veröffentlicht am 14.11.2017 in Bundespolitik
 

Eine Firma gründen? Sich lebenslang bilden? All das würde ein Chancenkonto ermöglichen. Man muss es nur einrichten.

 

Dieser Gastbeitrag entstand gemeinsam mit Ernst-Dieter Rossmann und erschien gestern in der Frankfurter Rundschau.

Der jüngste Bundestagswahlkampf hat wenige neue Ideen hervorgebracht. Der Vorschlag von einem rechtlich abgesicherten Chancenkonto, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen materiellen Grundstock zur Bildung und Qualifizierung für den Verlauf der Arbeitsbiografie und gegebenenfalls auch darüber hinaus von Staats wegen garantiert, ist eine Ausnahme. Der Vorschlag weist weit in die Zukunft und hat nachhaltige Folgen durch die Mobilisierung einer sehr großen Zahl von Menschen.

Dabei ist uns allen klar: Der demografische Wandel und seine Auswirkungen auf das Potenzial an Fachkräften, an Gründerinitiativen und den Leitungsnachwuchs in den Betrieben und Verwaltungen machen die Förderung von höherer beruflicher Ausbildung und darauf kontinuierlich aufbauender Weiterbildung immer wichtiger.

Digitalisierung und Internationalisierung mit ihren Auswirkungen auf die Wertschöpfung 4.0 von der Großindustrie bis zum Handwerk und die wachsenden Dienstleistungssektoren führen in ihrer Dynamik gleichzeitig zu einer Kompetenzverbreiterung und zu mehr Bildungstiefe. Und ohne ein Mindestmaß an Grundbildung und beruflicher Erstausbildung wird es schwer werden, bei einem abnehmenden Aufkommen an einfacher Arbeit eine durchgängige Beschäftigung zu finden.

Das zwingt Arbeitgeber und Gewerkschaften, die politischen Instanzen und die Fachbehörden zur Auseinandersetzung mit neuen Konzepten und Forderungen. Der Arbeitsprozess und der Arbeitsmarkt verändern sich. Arbeitsmarkt- und Chancenförderung müssen es auch tun. Es geht um mutige Gestaltung statt abwartender Anpassung.

Die IG-Metall hat hierzu in ihrer letzten großen Tarifauseinandersetzung für die Metall- und Elektroindustrie im Frühjahr 2015 die Idee einer Bildungsteilzeit durchgekämpft, in Teilzeit neben der Arbeit oder auch als Auszeit bis zu sieben Jahren außerhalb des Betriebs mit vollem Rückkehrrecht. Dabei müssen die Beschäftigten aber Zeit und Geld einbringen, wenn es sich nicht um eine betrieblich notwendige Qualifizierung handelt. Die Tarifverträge bieten hierzu die Möglichkeit, vor der Weiterbildung ein kreditfähiges Bildungskonto einzurichten, auf das Mehrarbeit oder Teile des Urlaubs- oder Weihnachtsgelds eingezahlt werden können.

Solche über die Sozialpartner in einer Branche abgesicherten Innovationen wie eine Bildungsteilzeit müssen über ein öffentlich finanziertes, auf breitere Beschäftigungskreise und -zwecke abgestelltes Chancenkonto erweitert werden. Dieses Konto ist dann ein Mindestanspruch, auf den natürlich weitergehende tariflich vereinbarte oder individuell gestaltete Lösungen aufsetzen können. Als konkreter Vorschlag für ein solches Chancenkonto, das den Beschäftigten vom 18. Lebensjahr an zur Verfügung stehen soll, steht ein Startguthaben von 20 000 Euro zur Diskussion.

Der doppelte Nutzen eines solchen Kontos ist evident. Wer Initiative zeigen will bis hin zum Aufbau einer kleinen Firma und dafür die nötigen Qualifikationen und Kompetenzen erwerben will, darf nicht gleich in der Verschuldung landen. Wer beruflich aufsteigen und sich neben der Arbeit unter Reduzierung seiner Arbeitszeit weiterbildet und damit auf Einkommen verzichtet, muss hierfür einen gewissen Ausgleich bekommen.

Auch Ältere sollen den Mut haben können, sich im späteren Verlauf des Erwerbslebens noch einmal neu zu orientieren, ohne dass sie dafür ihre Ersparnisse einzusetzen haben. Das Chancenkonto kann für die Gruppen von Beschäftigten mit einem deutlich schlechteren Zugang zu Weiterbildung ein wichtiger Hebel werden, hier eine neue Weiterbildungskultur zu etablieren.

Einige warnen vor hohen Kosten des Chancenkontos und einer Überforderung der öffentlichen Finanzen durch Beträge von 800 Milliarden Euro. Das scheint einer anderen Auffassung von Bildungs- und Beschäftigungsförderung geschuldet zu sein. Es werden nicht alle Beschäftigten zeitgleich eine Weiterbildung beginnen oder sich selbstständig machen. Die Summe des Chancenkontos erstreckt sich auf das Arbeitsleben und damit über viele Jahrzehnte.

Die Parteien der möglichen Jamaika-Koalition sollten über ein solches Chancenkonto als Konzept für nachhaltige Qualifizierung und Bildung des Einzelnen wie für Wohlfahrt und Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft verhandeln.

 

Homepage Katja Mast MdB

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