Es folgt die Rede der SPD-Fraktion im Ortschaftsrat Rielungshausen zum Haushalt der Stadt Marbach. Auch wenn die finanziellen Mittel knapp sind, gibt es Bereiche, denen wir uns anschließen müssen, die wir nicht weiter verschieben dürfen.
Kurz und knapp: Fit für den Klimawandel werden, die Bildung unserer Kleinsten in angemessenen Schulen und Kindergärten sichern, Wohnraum schaffen - hier dürfen wir nicht sparen!
Lieber Bürgermeister Trost, liebe Erste Beigeordnete Frau Wunschik, liebe Kolleginnen und Kollegen,
am Ende des Jahres 2023 haben wir gemäß dem Haushaltsplan einen konsolidierten Gesamtschuldenstand von nahezu 50 Millionen Euro (1). Umgerechnet auf die Einwohner sind das 3125,00€ pro Kopf. Möglicherweise rücken wir damit in die Top 20 der Schuldengemeinden in Baden-Württemberg auf (2). Diese Entwicklung ist mehr als besorgniserregend.
Auf der Einnahmenseite können wir nicht aufholen. Diese beträgt ungefähr 1/6 bis 1/5 des pro-Kopf-Verschuldungsbetrages. Kurz gesagt, zwei schlechte Nachrichten: 1. Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt. 2. Wir bekommen die Schulden trotz hoher Inflation so schnell nicht mehr los. Im Gegenteil. Die Zinsentwicklung geht laut der neuesten EZB-Erhöhung in eine für Marbach problematische Richtung. Insofern macht der Antrag der Freien Wähler, verschiedene Zinsentwicklungen für die Zukunft durchzuspielen, Sinn und ist sehr wichtig, um unsere zukünftige Handlungsfähigkeit abzuschätzen.
Ich möchte die finanzielle Situation mit einem Vers aus einem Rilke-Gedicht zusammenfassen: „Du musst dein Leben ändern“. Übersetzt heißt das, wir müssen unangenehme Entscheidungen treffen.
Die Haushaltsstrukturkommission hat bereits ganze Arbeit geleistet und gut eine Millionen Euro Einsparungen ermöglicht. Vielen Dank hierfür. Allerdings ist das leider angesichts des Gesamtschuldenbetrags nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Auf der Ausgabenseite lässt sich höchstens für die Zukunft etwas einsparen. Das stellt eine große Hypothek für den zukünftigen Gemeinderat dar.
Leider müssen alle Projekte nochmals auf den Prüfstand.
Welche Projekte sind für uns als SPD Rielingshausen wichtig:
1. Wir müssen unsere Kommune fit für den Klimawandel machen. Laut einigen ernstzunehmenden Prognosen wird der Klimawandel zu großen Flüchtlingsströmen in den nächsten zwanzig bis dreißig Jahren führen (3). Wir brauchen ein Konzept und eine Finanzierungsgrundlage, um uns auf mögliche Szenarien vorzubereiten, die eine Erderwärmung über 1,5 Grad und auch über 2 Grad durchspielen.
2. Ein Teil dieses Konzeptes ist der Ausbau des Keltergrundes mit einem kalten Nahwärmenetz. Mit diesem klimatechnisch innovativen Projekt gehen wir einen Schritt in die Zukunft. Wir möchten deshalb nochmals eindringlich darum bitten, in dieser Sache den Gemeinderatsbeschluss zum kalten Nahwärmenetz zügig umzusetzen. Mindestens ein Grundstückseigentümer im Umfeld des Keltergrundes wartet laut unserem Kenntnisstand auf einen Anruf der Stadtverwaltung, um konkrete Verhandlungen für eine Bereitstellung von Flächen für die Erdkollektoren aufzunehmen. Im Keltergrund können wir dann auch ein weiteres Anliegen der SPD verfolgen: Wohnraum für Familien zu schaffen und das besonders für Familien, die sich sozial und in der Gemeinde engagieren (ich denke hier auch an Freiwillige Feuerwehr).
3. Kindergartenbetreuungsplätze in Rielingshausen (4). Im Haushaltplan ist bereits ein dritter Kindergarten für 2022 mit 25.000 und für 2023 mit 50.000€ eingestellt. Ich möchte im Angesicht einer möglichen Kostenaussicht von ca. 1,1 Millionen Euro pro Kindergartengruppe auf den Waldkindergarten hinweisen. Angesichts der wahrscheinlich schwierigen Haushaltsentwicklung der nächsten Jahre ist ein dritter Kindergarten, so weh das auch tut, unrealistisch. Wir müssen langfristig auf einen Waldkindergarten setzen. Deshalb begrüße ich den Planasatz von 90.000,00€ im Jahr 2023 für einen Waldkindergarten-Bauwagen.
4. Grundschule Rielingshausen: Die Grundschuljahrgänge werden größer. Auf diesen Umstand haben wir bereits regelmäßig seit der letzten Kommunalwahl hingewiesen. Auch und besonders im Hinblick auf den 2026 in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf einen Ganztagesplatz in der Grundschule müssen wir handeln (5). Es gilt nun, zügig ein Grundstück zu erwerben, zu erschließen und auszubauen. Aufgrund des Zeitdrucks wird es allerdings leider wieder ohne Provisorien nicht gehen.
Den Ausgaben stehen die Einnahmen gegenüber. Hier wird es schwierig, den „gap“ zu schließen. Für die Einnahmeseite müssten kreative Lösungen gefunden werden.
Wir haben in Marbach zwei hervorragende Prestigeinstitutionen, das FSG und das Literaturarchiv Marbach. Dieses soziale Kapital müssen wir einsetzen, um weitere Einnahmen zu genenrieren. Auch innovative und kreative Lösungen im Hinblick auf die Anwerbung und Ansiedlung weiterer Unternehmen sind notwendig. Wir sollten mit Experten in Sachen Verschuldung kommunaler Haushalte in Kontakt treten und uns mit diesen austauschen.
Wir dürfen nicht handlungsunfähig werden. Dieser Haushalt ist leider der beste Weg in genau diese Richtung. Allerdings können auch wir nur schwierig alternative Wege anführen. Die Investionen der letzten Jahre waren notwendig, die angeführten Investitionen in der Priorisierungsliste der Stadtverwaltung sind es ebenso (6).
In Anerkenntnis dieser Umstände würden wir dem Haushalt zustimmen, aber nur unter größten „Bauchschmerzen“.